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DIE AKTIVE UND HUMANITÄRE AUßENPOLITIK DER TÜRKEI

ÜBERSICHT

Die türkische Außenpolitik verfolgt das Ziel, die Interessen der Türkei in einem instabilen regionalen und internationalen Umfeld zu schützen und gleichzeitig die Bedingungen für einen nachhaltigen Frieden und die Entwicklung innerhalb und jenseits unserer Nachbarschaft zu gestalten. Bei der Verfolgung dieses primären Ziels trägt die Türkei weltweit zum Frieden und Wohlstand sowie zur Stabilität bei. In Anlehnung an unser dauerhaftes Leitmotiv „Frieden im Lande, Frieden in der Welt“, wie es der Gründer unserer Republik Mustafa Kemal Atatürk vorgegeben hatte, verfolgen wir eine „ aktive und humanitäre Außenpolitik“, welche mit den Worten unseres Staatspräsidenten „den Unternehmergeist und die humanitären Werte unserer Nation“ widerspiegelt.

Die Coronavirus-Pandemie hat die ganze Welt binnen kurzer Zeit getroffen und die großen Trends, die in den internationalen Beziehungen zum Vorschein gekommen sind, weiter vorangetrieben. Aus globaler Sicht befinden wir uns in einer Zeit, die von zunehmender Unsicherheit, Unvorhersehbarkeit, Krisen und Konflikten, welche den Frieden und die Stabilität in unserer Umgebung bedrohen, und die durch wachsende Konkurrenz verschiedener Mächte sowie die Erosion des Multilateralismus und universeller Werte geprägt ist. Das internationale Umfeld wird von der Unzulänglichkeit der derzeitigen globalen Steuerungsmechanismen und Fragilität beeinflusst, dessen weltweite Zunahme insbesondere in unserer Region durch wachsende Ungleichheiten und die Beschleunigung der Digitalisierung zu beobachten ist.

Um die vor diesem Hintergrund ausgehenden Bedrohungen und Herausforderungen zu beseitigen und entstandene Chancen nutzen zu können, ist die Türkei zu einer Außenpolitik gezwungen, die sowohl vor Ort, als auch am Verhandlungstisch stark ist. Dazu bedarf es einer einsichtsvollen und wendigen Diplomatie. In dieser Hinsicht genießt die Türkei tief verwurzelte Traditionen der Diplomatie und schöpft ihre Kraft aus mehreren Faktoren, wie ihrer zentral-geografischen Lage, reichen historischen Erfahrung, robusten Institutionen, ihrem starkem Personalwesen und einer dynamischen Wirtschaft. In diesem Zusammenhang verkörpert die Außenpolitik der Türkei eine Brücke zwischen Tradition und Zukunft.

In Übereinstimmung mit dem aktiven Aspekt ihrer Außenpolitik nutzt die Türkei mehrere sich ergänzende politische, wirtschaftliche, humanitäre und kulturelle Instrumente und betreibt eine Diplomatie, die global denkt, aber auch in jeder Ecke der Welt örtlich agiert. Mit 248 diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen verfügt die Türkei über das fünftgrößte diplomatische Netzwerk weltweit.

Die Türkei hat ein global umfangreiches Netzwerk der Zusammenarbeit entwickelt, das hochrangige Kooperationsräte mit 26 Ländern, vier zwischenstaatliche Gipfeltreffen und zahlreiche trilaterale oder andere multilaterale regionale Formate umfasst. Die Türkei unterhält enge Beziehungen zu den Ländern des Balkans, im Nahen Osten, in Nordafrika, im Südkaukasus, sowie von Süd- und Zentralasien. Über diese Nachbarregionen hinaus vertieft die Türkei ihre Partnerschaftspolitik in Afrika und erreicht die Länder Lateinamerikas und der Karibik. Die 2019 angekündigte Asia Anew-Initiative hat der Türkei die Möglichkeit gegeben, den Grundstein für eine ganzheitliche und umfassende Politik gegenüber Asien und dem Pazifik zu legen, die Heim für die aufsteigenden Mächte des 21. Jahrhunderts sind.

Als das östlichste europäische und das westlichste asiatische Land zielt die Türkei darauf ab, ihre bestehenden strategischen Beziehungen zu stärken und neue aufzubauen. Die Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union bleibt eine strategische Priorität. Die Türkei hat als NATO-Verbündeter eine strategische Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten und sieht die transatlantische Verbindung ausschlagend für die Sicherheit und den Wohlstand Europas. Als aktives Mitglied trägt die Türkei grundsätzlich zum Prinzip der „Unteilbarkeit der Sicherheit“ innerhalb der NATO bei. Als solches gehören wir zu den fünf größten Beitragszahlern für NATO-Operationen und zu den acht größten Beitragszahlern für den Haushalt des Bündnisses.

Die Türkei ist ein Teil Europas. Sie ist Gründungsmitglied fast aller europäischer Institutionen, darunter des Europarates und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Einschließlich der Massenmigration trägt die Türkei aktiv zu den Bemühungen bei, mehrere Herausforderungen anzugehen, die auch Europa betreffen. Als Energiedrehscheibe und Transitland spielt die Türkei eine entscheidende Rolle für die europäische und globale Energiesicherheit.

Die Türkei unterstützt die regionale Eigenverantwortung und die Lösung von regionalen Problemen. Wir sind Gründungsmitglied mehrerer regionaler Organisationen und Initiativen, wie der Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation, des Südosteuropäischen Kooperationsprozesses und der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Die Türkei ist ein aktives Mitglied der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC), der Gruppe der acht Entwicklungsländer (D-8), des Kooperationsrates der Türkisch Sprechenden Länder (Türkischer Rat), des Asiatischen Kooperationsdialogs sowie der MIKTA (Mexiko, Indonesien, Korea, Türkei und Australien). Während unserer Amtszeiten haben wir eine zusätzliche Effektivität und Dynamik in alle Institutionen gebracht.

Die Lösung globaler Herausforderungen ist abhängig von gemeinsamen Anstrengungen auf der Grundlage von Zusammenarbeit und wirksamem Multilateralismus. Diese Tatsache ist für die aktive Diplomatie der Türkei in multilateralen Foren maßgeblich. So ist die Türkei auch ein aktives Mitglied der G-20 seit ihrer Gründung und hatte 2015 den Vorsitz inne. Innerhalb der G-20 hat die Türkei die humanitäre Entwicklung sowie das integrative Wirtschaftswachstum und die gerechte Verteilung in den Vordergrund gestellt. Die Türkei war zwischen 2009 und 2010 im UN-Sicherheitsrat als konstruktives Mitglied tätig und trug zum globalen Frieden und zur globalen Stabilität und Sicherheit bei. Mit dem von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan geprägten Motto „Die Welt ist größer als Fünf“ setzt sich die Türkei für eine Reform des UN-Sicherheitsrats und der UN sowie anderer multilateraler Organisationen ein, damit diese den aktuellen Bedürfnissen gerecht werden.

Die Türkei spielt eine führende Rolle bei der Konfliktlösung und Vermittlung als einziges Land, das gleichzeitig den gemeinsamen Vorsitz der Mediations-Freundesgruppen in den UN, der OSZE und OIC innehat. Ferner organisiert die Türkei die jährlichen Vermittlerkonferenzen in Istanbul, welche konzeptionelle Beiträge zur Vermittlung leisten. Sie priorisiert den Aufbau von Kapazitäten und organisiert das Zertifikatsprogramm zur „Vermittlung für Frieden“ für junge Diplomatinnen und Diplomaten aus den OIC-Mitgliedstaaten.

Neben dem aktiven Charakter unserer Außenpolitik steht der menschliche Faktor im Mittelpunkt unserer Bemühungen. Somit positioniert sich die Türkei als eine fürsorgliche Macht. Während der Coronavirus-Pandemie handelte die Türkei nach dem Motto „ein Freund in der Not ist ein wahrer Freund“. Indem wir 156 Länder und elf internationale Organisationen unterstützt haben, standen wir bei der medizinischen Hilfe weltweit an erster Stelle. Dies ist ein weiterer Ausdruck für den humanitären Charakter unserer Außenpolitik. Ferner hat die Türkei in der größten Rückführungsaktion in der Geschichte ihrer Republik mehr als 100.000 türkische Staatsbürger aus 141 Ländern zurückgeholt und ihre fürsorgliche Macht gegenüber ihren Staatsbürgern deutlich gemacht.

Wir unterstützen die aktive Teilnahme unserer im Ausland lebenden Staatsbürger am politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben der Länder, in denen sie leben. Zudem wird beabsichtigt, dass sie gleichzeitig die Verbindungen zu ihrem Heimatland und ihrer Kultur aufrechterhalten. Wir arbeiten weiter daran, die Dienstleistungen für unsere Bürger im Ausland qualitativ zu verbessern.

Die Menschheit wird von verschiedenen Plagen wie Terrorismus, ethnischem oder religiösem Hass, Diskriminierung, Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und anti-islamischen Trends sowie anderen Formen der Ausgrenzung heimgesucht. Bei der Bewältigung solcher weit verbreiteten Bedrohungen betont die Türkei die Notwendigkeit von Transparenz, Vielfalt, Dialog und einer integrativen Politik. Konflikte bringen hohe Kosten für die Menschheit mit sich. Mit diesem Gedanken hat die Türkei eine federführende Rolle bei den Bestrebungen übernommen, um den gegenseitigen Respekt und die gemeinsamen Werte zwischen verschiedenen Kulturen und Religionen zu fördern. Die von der Türkei und Spanien mitgetragene UN-Initiative „Allianz der Zivilisationen“ stellt eine solide Antwort auf die Szenarien dar, die auf dem sogenannten „Kampf der Kulturen“ basieren.

Weltweit haben Terrorismus und verschiedene Formen des Extremismus eine bedrohliche Intensität erreicht. Terroristische Gruppen bedrohen den internationalen Frieden und die Sicherheit. Terrorismus ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, der nicht im Zusammenhang mit Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, Glauben oder Region stehen kann. Er ist eine globale Plage, welche eine globale Antwort und Solidarität erfordert. Die Türkei setzt sich unabhängig von der Organisation und dem Grund der Ausübung aktiv gegen Terror ein.

Die sich auf Menschen fokussierende Staatstradition der Türkei prägt auch unsere entwicklungspolitischen und humanitären Hilfsprogramme. Der erste Humanitäre Weltgipfel fand 2016 in Istanbul statt. Die Türkei ist der größte humanitäre Geber der Welt und das großzügigste Land im Verhältnis zu den humanitären Ausgaben pro Kopf.

Gleichzeitig ist die Türkei derzeit das Land, das weltweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat. Sie beherbergt rund vier Millionen ins Ausland vertriebene Menschen, davon ca. 3,6 Millionen unter vorübergehendem Schutz stehende Syrer, die in ihrem Heimatland vor der Zerstörung fliehen mussten. Die Türkei hat mehr als 40 Milliarden US-Dollar für die Bereitstellung von Hilfe und Dienstleistungen für die Syrer ausgegeben. Andererseits unterstützt die Türkei die freiwillige und menschenwürdige Rückkehr von Syrern nach Syrien. Durch unsere Bemühungen konnten hunderttausende Syrer in ihre Häuser zurückkehren.

Eine effektive Außenpolitik erfordert es, mit dem Wandel Schritt zu halten und die politischen Instrumente entsprechend zu diversifizieren. Mit ihren innovativen Initiativen gestaltet die Türkei nicht nur die Diplomatie von heute, sondern auch die der Zukunft. Ziel der Digitalen Diplomatie-Initiative ist es, die transformative Kraft der Technologie in allen Bereichen der Außenpolitik zu nutzen und unsere Effizienz und Effektivität zu erhöhen - von konsularischen Diensten, öffentlicher Diplomatie und digitaler Infrastruktur bis hin zum strategischen Weitblick und zur außenpolitischen Analyse.

Das Diplomatie-Forum Antalya wurde ebenfalls als eine innovative Plattform konzipiert, um sich über globale und regionale Themen auszutauschen und Lösungen für zentrale außenpolitische Fragen zu finden. Mit verschiedenen Online-Veranstaltungen im Jahr 2020 hat das Diplomatie-Forum Antalya bereits begonnen, zur globalen Agenda und den politischen Debatten beizutragen.

Eine starke Türkei steht für die Gewährleistung von nachhaltigem Frieden und Entwicklung. Zudem ist sie eine treibende Kraft für alle umliegenden Regionen. Im Jahr 2023 wird die Republik Türkei mit Stolz ihr 100-jähriges Gründungsjubiläum feiern. Die Umsetzung der konkreten Ziele, welche von unserer Präsidialregierung gesetzt wurden, wird nicht nur die Standards für den Frieden und Wohlstand in der Heimat steigern, sondern auch den Beitrag der Türkei zu ihrer eigenen Nachbarschaft und darüber hinaus verstärken. Die aktive und humanitäre Außenpolitik der Türkei wird weiterhin ihre nationalen Interessen wahren und gleichzeitig zu den gemeinsamen Zielen der Menschheit beitragen.