Das Thema Wasser stand in den letzten Jahren ganz oben auf der
internationalen Agenda. Zu den Hauptgründen für die zunehmende
Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit für das Thema Wasser gehören das
Bevölkerungswachstum, der durch die rasche Verstädterung und
Industrialisierung verursachte Wasserbedarf, die verstärkte Nutzung von
Wasser in der Landwirtschaft zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit,
die Verschmutzung der Wasserressourcen und die nachteiligen Auswirkungen
des Klimawandels. Daher sind eine effiziente Nutzung der Wasserressourcen
und Wasserinfrastrukturen, insbesondere Staudämme, wichtig für die
sozioökonomische Entwicklung der Länder.
Die globale Erwärmung führt zu einem Rückgang der Wasserressourcen. Nach
den Berichten des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen
(IPCC) gehört der Mittelmeerraum zu den Regionen, die am stärksten vom
Klimawandel betroffen sind. Die Anpassung an die negativen Auswirkungen des
Klimawandels erfordert eine rationelle und effiziente Wassernutzung. Eine
nachhaltige Wassernutzung spielt eine wichtige Rolle für die
Lebensmittelsicherheit, die Energiesicherheit, eine effiziente städtische
Wasserwirtschaft und den Schutz der Ökosysteme.
Die Wasserproblematik, die viele Sektoren betrifft, gehört zu den
"horizontalen" Elementen der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung.
Ziel 6 für nachhaltige Entwicklung ist die Gewährleistung des Zugangs zum
sauberen und sicheren Trinkwasser und zu Sanitärversorgung für alle.
Türkiye, die in einer halbtrockenen Klimazone liegt, ist entgegen der
allgemeinen Auffassung nicht wasserreich, sondern gehört zu den Ländern,
die unter Wasserstress leiden. Diese Situation erfordert eine effiziente
Nutzung und integrierte Bewirtschaftung unserer begrenzten
Wasserressourcen.
In den letzten Jahren hat Türkiye große Fortschritte bei der Entwicklung
der Wasserinfrastruktur für den Hausgebrauch, die Aufbereitung, die
Bewässerung, den Hochwasserschutz und die Stromerzeugung erzielt.
Mehrzweckdämme und Wasserkraftwerke in Türkiye ermöglichen es unseren
Nachbarn, regelmäßig Wasser zu erhalten. In diesem Zusammenhang führt
Türkiye bei der Bewirtschaftung der natürlichen Wasserressourcen Programme
zur integrierten Bewirtschaftung von Wassereinzugsgebieten durch.
Der Energieverbrauch von Türkiye nimmt aufgrund der raschen Verstädterung
und Industrialisierung zu. Türkiye, die über keine nennenswerten Erdöl- und
Erdgasvorkommen verfügt, setzt vorrangig auf die Nutzung lokaler Ressourcen,
um ihren wachsenden Energiebedarf zu decken, und führt in diesem
Zusammenhang Projekte zur Nutzung ihres Potenzials an erneuerbarer
Wasserenergie durch. Derzeit liegt der Anteil der erneuerbaren Energien an
der gesamten installierten Stromkapazität in Türkiye bei %54, wovon etwa
%31 auf Wasserkraft entfallen.
Entgegen der allgemeinen Auffassung in den internationalen Foren ist
Türkiye nicht nur ein flussaufwärts, sondern auch ein flussabwärts
gelegenes Land in den folgenden grenzüberschreitenden Einzugsgebieten:
Meriç (Mariza)
Kura- Aras
Çoruh
Euphrat-Tigris
Asi (Orontes)
Die grenzüberschreitenden Flüsse machen etwa %35 der türkischen
Wasserressourcen aus.
Die Politik von Türkiye in Bezug auf grenzüberschreitende Gewässer basiert
auf den folgenden Hauptprinzipien:
- Türkiye betrachtet die Wasserfrage in erster Linie aus einer humanitären
Perspektive und betont bei jeder Gelegenheit, dass sie bereit ist, ihr
Wissen und ihre Erfahrung über die ganzheitliche und effiziente Nutzung von
Wasser zu teilen.
- Türkiye betrachtet grenzüberschreitende Gewässer als ein Element der
Zusammenarbeit zwischen den Anrainerstaaten.
- Jedes grenzüberschreitende Flusseinzugsgebiet hat seine eigene
wirtschaftliche, soziale, ökologische, kulturelle, hydrologische und
meteorologische Dynamik. Daher sollten diese Fragen besser von den
Anrainerstaaten untereinander geregelt werden.
- Grenzüberschreitende Gewässer sollten von den Anrainerstaaten "gerecht",
"rationell" und "effektiv" genutzt werden.