Die diplomatischen Beziehungen zwischen Türkiye und Österreich begannen
rund 160 Jahre nach der Gründung des Osmanischen Reiches. Bis zum Ende des
Mittelalters wurden Gesandte nur aus Gründen wie Kriegserklärungen,
Friedensverträgen, zivilen Streitigkeiten, Bündnissen, Thronbesteigungen,
Hochzeiten und Begräbnissen zueinander geschickt. Ab Ende des 15.
Jahrhunderts brachte die Herausbildung des europäischen Staatensystems, in
Anbetracht der Notwendigkeit einer gründlichen Kenntnis über andere Staaten
und der Wichtigkeit, Maßnahmen gegen Bedrohungen zu ergreifen, die
Entwicklung diplomatischer Beziehungen und die Notwendigkeit einer
ständigen Vertretung mit sich.
Obwohl Österreich seit Mitte des 16. Jahrhunderts eine ständige
diplomatische Vertretung in Istanbul unterhielt und das Haus Habsburg seit
1526 intensive Beziehungen zur österreichisch-ungarischen Monarchie
unterhielt, beschränkte sich die Vertretung des Osmanischen Reiches in
Österreich bis Ende des 17. Jahrhunderts auf Ad-hoc-Botschafter. Die beiden
Belagerungen von Wien in den Jahren 1529 und 1683 führten zu einer
Interaktion zwischen den beiden Nationen, deren Wurzeln bis in die Antike
zurückreichen.
Die historische Rivalität zwischen dem Osmanischen Reich und Österreich
endete mit dem 1791 unterzeichneten Vertrag von Zishtovi, der den
Osmanisch-Österreichischen Krieg von 1787-1791 beendete. Die Beziehungen,
die von gegenseitigem Kampf geprägt waren, verwandelten sich während des
Ersten Weltkriegs in ein Bündnis. Im Ersten Weltkrieg kämpften osmanische
und österreichische Soldaten gemeinsam an der galizischen Front. Die aus
der Kaiserzeit stammenden Bündnisbeziehungen wurden mit dem 1924 zwischen
Türkiye und Österreich unterzeichneten "Freundschaftsvertrag" zementiert.
Die in Österreich lebende türkische Gemeinschaft mit rund 300.000 Menschen
stellt einen der wichtigsten Aspekte unserer Beziehungen zu Österreich dar.
Bei den Parlamentswahlen im September 2019 wurden 3 türkischstämmige
Abgeordnete auf Bundes- und Landesebene gewählt.
Die damalige Außenministerin Kneissl war am 25. Januar 2018 zu einem
Arbeitsbesuch in Istanbul. In der Folge stattete Minister Çavuşoğlu auf
Einladung von Kneissl am 7. und 8. März 2018 einen Arbeitsbesuch in Wien ab
und besuchte Wien auch am 30. und 31. August 2018 anlässlich des
Informellen Treffens der EU-Außenminister (Gymnich). Diese Kontakte trugen
zu einer positiven Entwicklung der bilateralen Beziehungen bei. Präsident
Recep Tayyip Erdoğan traf am 26. September 2018 mit dem österreichischen
Bundespräsidenten Alexander van der Bellen zusammen und Aussenminister
Mevlüt Çavuşoğlu traf am 23. September 2019 am Rande der Generalversammlung
der Vereinten Nationen mit seinem österreichischen Amtskollegen Alexander
Schallenberg zusammen.
Obwohl es in der letzten Zeit einige positive Entwicklungen in Richtung
einer Normalisierung unserer bilateralen Beziehungen zu Österreich gegeben
hat, hält der unbeständige Verlauf an. Dabei spielt die versteinerte
vorurteilsbehaftete Haltung der Politik und der öffentlichen Meinung in
Österreich gegenüber unserem Land eine große Rolle. Tatsächlich wurde unser
Land bei den Präsidentschaftswahlen in 2016 und bei den vorgezogenen
Parlamentswahlen am 15. Oktober 2017 in Österreich zum Gegenstand
innenpolitischer Auseinandersetzungen gemacht, und die türkiyefeindlichen
Äußerungen verzögerten den Normalisierungsprozess unserer Beziehungen.
Schließlich wurde im Vorfeld der vorgezogenen Parlamentswahlen am 29.
September 2019 beobachtet, dass die Haltung gegen die EU-Mitgliedschaft von
Türkiye auf die Tagesordnung gesetzt wurde, wenn auch im Vergleich zu
früheren Zeiträumen in geringerem Maße.
Eines der wichtigsten bilateralen Probleme ist die negative Haltung
Österreichs gegenüber unserer EU-Mitgliedschaft.