Das Osmanische Reich, das 1790 einen Friedens- und Freundschaftsvertrag mit
dem Königreich Preußen unterzeichnete, baute seine militärischen
Beziehungen zu Deutschland aus, insbesondere während der Zeit von Abdul
Hamid II. Neben der Bündnispartnerschaft im Ersten Weltkrieg
führten das Osmanische Reich und Deutschland gemeinsam wichtige
Investitionen durch, wie z. B. den Bau der Eisenbahnlinie Istanbul-Baghdad.
Nach 1933 wurden jüdische, linke und liberale deutsche Akademiker und
Ingenieure, die nach der Machtübernahme Hitlers Deutschland verlassen
hatten, nach Türkiye eingeladen, wo sie als Intellektuelle einen wertvollen
Beitrag zur Umgestaltung der Universitäten und zum Aufbau von
Industrieanlagen und Unternehmen in Türkiye leisteten. In der Zeit des
Kalten Krieges wurden die handelspolitischen, wirtschaftlichen und
kulturellen Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland intensiv
fortgesetzt. Mit der Unterzeichnung des Anwerbeabkommens zwischen Türkiye
und Deutschland gingen in den 1960er Jahren viele unserer Bürger zum
Arbeiten nach Deutschland.
Wir haben heute vielfältige Beziehungen zu Deutschland, einem unserer
wichtigsten Verbündeten in Europa, und zwar in politischer,
wirtschaftlicher, militärischer und humanitärer Hinsicht. Zusätzlich zu den
gegenseitigen Besuchen auf hoher Ebene finden auch regelmäßig Kontakte auf
technischer Ebene statt.
In unseren bilateralen Beziehungen zu Deutschland hat es eine
problematische Phase gegeben, die mit der Entscheidung des Deutschen
Bundestages, die Ereignisse von 1915 als "Völkermord" anzuerkennen, begann
und weitere negative Entwicklungen nach sich zog. Seit 2018 konnte dank des
Dialogs und der gemeinsamen Schritte eine gewisse Normalisierung der
Beziehungen erreicht werden.
Am 5. Juni 2017 stattete der damalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel
Türkiye einen offiziellen Besuch ab. Neben einem Treffen mit Minister
Çavuşoğlu wurde Minister Gabriel auch von Präsident Erdoğan empfangen.
Am 29. Mai 2018 besuchte Außenminister Çavuşoğlu Solingen anlässlich der
Solinger Gedenkfeier und traf mit seinem Amtskollegen Heiko Maas,
Bundeskanzlerin Merkel und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten
Armin Laschet zusammen.
Die politischen Kontakte, darunter der Staatsbesuch unseres Präsidenten vom
27. bis 29. September 2018, nahmen zu, und in diesem Rahmen besuchte der
deutsche Außenminister Heiko Maas am 5. und 6. September 2018 unser Land.
Außenminister Çavuşoğlu traf seinen Amtskollegen Maas am 1. Februar 2019
beim Informellen Treffen der EU-Außenminister (Gymnich), am 4. April 2019
anlässlich des NATO-Außenministertreffens in Washington DC. Beide Minister
trafen sich auch am Rande der 129. Sitzung des Ministerkomitees des
Europarates am 17. Mai 2019 sowie der 74. UN-Generalversammlung in New York
am 26. September 2019. Außenminister Maas stattete am 26. Oktober 2019
Ankara einen Arbeitsbesuch ab.
Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in den vergangenen Jahren
innerhalb ihrer Amtszeit mehrfach in unserem Land zu Gast war, stattete
zuletzt am 24. Januar 2020 einen Arbeitsbesuch ab und wurde von unserem
Präsidenten in Istanbul empfangen.
Die etwa 3 Millionen türkischstämmigen Einwanderer in Deutschland machen
die menschliche Dimension unserer Beziehungen aus. Seit Jahren tragen
unsere Bürgerinnen und Bürger zum gesellschaftlichen Leben und
wirtschaftlichen Wohlstand in Deutschland bei. Derzeit gibt es in
Deutschland 3 Mitglieder des Europäischen Parlaments, 16 Mitglieder des
Bundestags, 48 Landtagsabgeordnete und 423 Gemeinderatsmitglieder
türkischer Herkunft.